Ursendung: 22. Dezember 2018 Bearbeitung und Regie Komposition: Saam Schlamminger
„Ein junger Ingenieur hat uns in Istanbul gewarnt: ‚Sie wollen, zwei Frauen allein und ohne Türkisch zu sprechen, quer durch das Hinterland Anatoliens nach Iran fahren? Vielleicht werden Sie gar keine Schwierigkeiten haben, vielleicht aber deren genug.‘ ‚Welche Art von Schwierigkeiten? Wir kampieren und kochen unser Risotto selbst.'“ notierte Annemarie Schwarzenbach in ihren Reiseaufzeichnungen. Im Sommer 1939 durchquerte die Schweizer Journalistin zusammen mit der Reiseschriftstellerin Ella Maillart mit dem Auto Jugoslawien, die Türkei und Afghanistan bis nach Indien. Erst im Jahr 2000 wurde die Sammlung von Texten, die aus dieser Reise hervorgingen unter dem Titel „Alle Wege sind offen“ im Schweizer Lenos Verlag veröffentlicht. Schwarzenbach schildert die Magie von Begegnungen mit Natur und Menschen, schreibt vom Glück des Unterwegsseins und protokolliert die gesellschaftlichen und politischen Veränderungen, die der immer näherkommende Zweite Weltkrieg mit sich bringt.
Reisen in den Nahen Osten, nach Persien und in den Orient, nach Afrika und Amerika ließen sie zur unerbittlich Suchenden werden: nach dem Neuem, dem Fremden, dem Schönen, der Wahrheit hinter der Wirklichkeit und gleichzeitig nach sich selbst, nach ihrer eigenen inneren Wahrheit. Hunderte Reisereportagen entstanden. Sie durchkreuzte die Kontinente und schickte ihre Eindrücke nach Europa: Berichte über kongolesische Minenarbeiter, über kurdische Lastenträger, über die Schattenseiten amerikanischer Industriestädte. Annemarie Schwarzenbach war Protokollantin ihrer Zeit. Mit 34 Jahren starb sie an den Folgen eines Fahrradunfalls und hinterließ nicht nur Dokumentationen aus Regionen der Erde, die fern von klassischen Reisezielen waren, sondern auch tausende Fotografien, die ihren kritischen Blick auf die Entwicklungen der Zeit spiegeln.
Schwarzenbach hat zeitlebens – 1942 starb sie mit 34 an den Folgen eines Fahrradunfalls – viel veröffentlicht. Die Aufzeichnungen über diese Reise zur vermeintlichen Unzeit sind jedoch erst 2000 unter dem Titel Alle Wege sind offen publiziert worden. Stefanie Ramb hat daraus ein Hörspiel destilliert. Wiebke Puls, Laura Maire und Paul Herwig zeichnen die Reise nach, vor dem Hintergrund einer von traditioneller Musik beeinflussten, dabei äußerst artifiziellen Komposition Saam Schlammingers. Ähnlich verhält es sich mit der Geräuschatmosphäre, die nur am Anfang real klingt. Es geht auf vielfältige Weise um Freiheit – und um Wahrheit. Und darum, dass nicht nur der erste Augenschein, sondern auch der erste Höreindruck täuschen kann. Insofern fand die Reise zur rechten Zeit statt: als Ideologie wichtiger war als Tatsachen.
Stefan Fischer, Süddeutsche Zeitung 21. Dezember 2018
Ursendung: 22. Dezember 2018
Bearbeitung und Regie
Komposition: Saam Schlamminger
„Ein junger Ingenieur hat uns in Istanbul gewarnt: ‚Sie wollen, zwei Frauen allein und ohne Türkisch zu sprechen, quer durch das Hinterland Anatoliens nach Iran fahren? Vielleicht werden Sie gar keine Schwierigkeiten haben, vielleicht aber deren genug.‘ ‚Welche Art von Schwierigkeiten? Wir kampieren und kochen unser Risotto selbst.'“ notierte Annemarie Schwarzenbach in ihren Reiseaufzeichnungen. Im Sommer 1939 durchquerte die Schweizer Journalistin zusammen mit der Reiseschriftstellerin Ella Maillart mit dem Auto Jugoslawien, die Türkei und Afghanistan bis nach Indien. Erst im Jahr 2000 wurde die Sammlung von Texten, die aus dieser Reise hervorgingen unter dem Titel „Alle Wege sind offen“ im Schweizer Lenos Verlag veröffentlicht. Schwarzenbach schildert die Magie von Begegnungen mit Natur und Menschen, schreibt vom Glück des Unterwegsseins und protokolliert die gesellschaftlichen und politischen Veränderungen, die der immer näherkommende Zweite Weltkrieg mit sich bringt.
Reisen in den Nahen Osten, nach Persien und in den Orient, nach Afrika und Amerika ließen sie zur unerbittlich Suchenden werden: nach dem Neuem, dem Fremden, dem Schönen, der Wahrheit hinter der Wirklichkeit und gleichzeitig nach sich selbst, nach ihrer eigenen inneren Wahrheit. Hunderte Reisereportagen entstanden. Sie durchkreuzte die Kontinente und schickte ihre Eindrücke nach Europa: Berichte über kongolesische Minenarbeiter, über kurdische Lastenträger, über die Schattenseiten amerikanischer Industriestädte. Annemarie Schwarzenbach war Protokollantin ihrer Zeit. Mit 34 Jahren starb sie an den Folgen eines Fahrradunfalls und hinterließ nicht nur Dokumentationen aus Regionen der Erde, die fern von klassischen Reisezielen waren, sondern auch tausende Fotografien, die ihren kritischen Blick auf die Entwicklungen der Zeit spiegeln.